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Arktische Smaragdlibelle - Somatochlora arctica (ZETTERSTEDT, 1840)
Artenprofil von Heide Gospodinova & H.-Willi Wünsch
letzte Änderung: 29.11.2016


Systematische Einordnung

Stamm: Gliederfüßer (Arthropoda)
Klasse: Insekten (Insecta)
Ordnung: Libellen (Odonata)
Familie: Falkenlibellen (Corduliidae)

Foto (© H. Gospodinova)



(xxl-Foto)
Männchen
12.06.2012
   
Klick auf die kleinen Bilder oder xxl-Ansicht möglich
     
Besondere Merkmale

Insekten-ABC, Erklärungen von Fachbegriffen

Bedeutungen des wissenschaftlichen Namens:
Somatochlora: "soma" (gr.) = Körper und "chloros" (gr.) = grün

Den deutschen Familiennamen "Falkenlibellen" erhielt sie wegen des sehr schnellen, an einen Falken erinnernden Flug, mit außergewöhnlichen Flugmanövern.



Adulte weibliche Arktische Smaragdlibelle (Foto: Heide Gospodinova, 12.06.2012, xxl-Foto per Bildklick)

Die Arktische Smaragdlibelle gehört zu den mittelgroßen Libellenarten Mitteleuropas.


Körperlänge: 60 mm
Flügelspannweite: 70 mm

Ihr Habitus wirkt schon während der Imaginalhäutung dunkel glänzend und metallisch grün. Diese Färbung dunkelt mit zunehmendem Alter der Tiere stark nach, bis der Körper beinahe schwarz erscheint. Die anfangs noch milchig braunen Augen färben sich bis zur Geschlechtsreife zu einem kräftig leuchtenden Grün. Die Flügel sind ohne jegliche Färbung klar und die Flügelmale sind schwarz.



Frisch geschlüpftes Weibchen der Arktischen Smaragdlibelle mit Exuvie (Foto: H.-Willi Wünsch, 03.06.2016, xxl-Foto per Bildklick)

Der Thorax beider Geschlechter ist stark behaart.
Auffälliges Merkmal des Männchens ist die eng eingeschnürte Taille am 2. Abdominalsegment, über der sich ein schmaler gelber Ring befindet. Die Hinterleibsanhänge (Cerci) sind zangenförmig nach innen gebogen, was unter den Falkenlibellenarten einzigartig ist.
Das Weibchen verfügt über einen zylindrisch und gerade geformten Hinterleib. Die Hinterleibsanhänge wirken langestreckt und verlaufen parallel zueinander. Auf der Oberseite des 3. Abdominalsegmentes befinden sich zwei große paarig gegenüberstehende gelbe Flecken, welche die Art im Grunde genommen unverwechselbar macht.



Exuvie der Arktischen Smaragdlibelle (Foto: H.-Willi Wünsch, 05.06.2016, xxl-Foto per Bildklick)

Die schlupfbereite Larve ist für die Größe der Imago mit etwa 2,0 cm relativ klein. Sie ist nicht bedornt und außergewöhnlich stark behaart.

Beschreibung der Larve nach BELLMANN (2007):
Plumpe Larve mit Analpyramide aus 5 Dornen > Fangmaske gewölbt. Fanghaken dreieckig mit gezähntem Rand und kurzem, beweglichem Zahn > Fanghaken regelmäßig und deutlich gezähnt > Segment 9 ohne deutliche Lateral(Seiten-)dornen > Abdomen ohne Dorsal(Rücken-)dorne > Abdomen oben lang behaart, auch auf der Segmentfläche


Ähnliche Arten (xxl-Foto bei Bildklick, Merkmale nach GLITZ, 2012):

Gemeine Falkenlibelle (Cordulia aenea)
Männchen, Foto © H.-Willi Wünsch

Stirn ganz metallisch dunkelgrün; Bronzeschimmer
Hinterleibsende keulig verbreitert
Segmente 3-8 unten mit langen weißen Flecken; zwischen Segment 2 und 2 meist ein weißer Ring; Legeklappe anliegend


Glänzende Smaragdlibelle (Somatochlora metallica)
Männchen, Foto © H.-Willi Wünsch

Stirn vorn und seitlich mit gelbem Querband; goldgrün glänzend
Hinterleib in Höhe vom 2. Segment stets auffällig tailliert;
zwischen 2. und 3. Segment ein gelber Ring; gut sichtbare Legeröhre rechtwinklig nach unten abstehend und länger als der Durchmesser des 9. Segmentes


Alpen-Smaragdlibelle (Somatochlora alpestris)
Männchen, Foto © Heide Gospodinova

zwischen 2. und 3. Segment ein deutlicher weißer Ring; grünschwarz
sehr kleiner, nicht hervortretender sekundärer Geschlechtsapparat
Hinterleib ohne gelbe Flecken; Stirn seitlich mit gelben Flecken; 2. Segment seitlich mit 2 kleinen weißen Flecken

Arktische Smaragdlibelle (Somatochlora arctica)
Männchen, Foto © H.-Willi Wünsch

obere Hinterleibsanhänge am Ende ringartig nach innen gebogen (im Flug sichtbar!); wirkt fast schwarz
Segment 3 seitlich mit großen ovalen gelben Flecken; Segment 2 mit kleinen gelben Flecken; an den Seiten von Segment 3 ein gelber Ring

Lebensraum
Somatochlora arctica ist eine ausgesprochene Moorlibelle. Sie besiedelt sowohl Hoch-, Übergangs-, Hang- und Niedermoore mit teils lichten Waldbeständen in der unmittelbaren Umgebung. Die leicht sauren Gewässer sind zumeist stehend, selten langsam fließend. Bevorzugte Entwicklungsgewässer sind kleine oder kleinste Moorschlenken von weniger als einem Quadratmeter Größe und einer Tiefe von nur wenigen Zentimetern.



(Foto: H.-Willi Wünsch, 02.06.2016, xxl-Foto per Bildklick)

Diese können mit feuchten Tormoosen gefüllt oder bedeckt sein, im Sommer oberflächig trockenfallen und im Winter vollkommen zufrieren. Begleitende Moorpflanzen sind Wollgräser, Laichkräuter und kleinwüchsige Senne und Binsen. Als Sekundärhabitate werden auch stark verkrautete Moorgräben und Torfstiche besiedelt.



(Foto: H.-Willi Wünsch, 11.06.2016, xxl-Foto per Bildklick)

Biologie und Lebensweise




Pärchen der Arktischen Smaragdlibelle
(Foto: H.-Willi Wünsch, 12.06.2012,
xxl-Foto per Bildklick)


Etwa zu Beginn der zweiten Maihälfte beginnt eine neue Generation von Imagines der Arktischen Smaragdlibelle zu schlüpfen. Die Emergenzperiode erstreckt sich dabei bis etwa Ende Juli und hat ihren deutlichen Schwerpunkt in der ersten Hälfte des Junis. Die Imaginalhäutung der Art erfolgt meist nur wenige Zentimeter über oder am Rand der Entwicklungsorte der Larven, die aufgrund ihrer geringen Größe oft gar nicht als "Gewässer" erkennbar sind. Zur Metamorphose werden in der Regel vertikale Strukturen, wie dichte Binsenbüschel erklommen, worin sich die schlupfbereite Larve verankert.

Die ersten adulten Tiere können - eigenen Beobachtungen zufolge - ab Mitte der ersten Junidekade in ihren meist schwer zugänglichen Lebensräumen beobachtet werden. Zuvor verbringen die heranreifenden Falkenlibellen etwa zwei Wochen am Rand der von ihnen besiedelten Moore, um zwischen den lichten Baumbeständen und über sonnigen Flächen zu jagen. Sind die Tiere dann geschlechtsreif, kehren sie zur Hauptpaarungszeit zu den angestammten Moorschlenken zurück. Hier fliegen die Männchen in meist nur wenigen Zentimetern Höhe über die kleinen Moorlöcher und suchen die Vegetation nach paarungswilligen Weibchen ab, welche die Schlenken nur zu Fortpflanzungszwecken aufsuchen. Die Suchmodi der Männchen können dabei derart gestaltet sein, dass diese relativ schnell von einer Schlenke zur anderen wechseln oder an einer Stelle längere Zeit auf der Stelle fliegend, im sogenannten "Rüttelflug" verbleiben. Sobald ein Weibchen gesichtet ist, wird es vom Männchen mit dessen Hinterleibsanhängen ergriffen.
Nach einem kurzen Tandemflug bildet sich noch in der Luft das Paarungsrad. In dieser Formation fliegt das Paar noch einige Zeit und eine geraume Wegstrecke mit hoher Geschwindigkeit, bis es sich schließlich irgendwo in der Nähe der Schlenken an niederem Gebüsch oder in Bodennähe an der Vegetation absetzt. Die eigentliche Paarung kann bis zu 2,5 Stunden andauern und ist somit für Großlibellen ungewöhnlich lang.

Im Anschluss daran, geht das Weibchen zur Eiablage über. Diese erfolgt derart, dass es an den Moorschlenken tief in die dichte Bodenvegetation einfliegt und somit nahezu unsichtbar die Eier unter wippenden Flugbewegungen an Torfmoosen oder an der Wasseroberfläche abstreift. Je nach dem jahreszeitlich bedingten Eiablagezeitpunkt überwintert ein Teil der Folgegeneration als Larve, ein weiterer Teil als Ei.


Kopula der Arktischen Smaragdlibelle
(Foto: H.-Willi Wünsch, 02.06.2016,
xxl-Foto per Bildklick)




Immer wieder erstaunlich zu sehen. Die - im Vergleich zur Exuvie - riesige ausgewachsene weibliche Arktische Smaragdlibelle ist aus der kleinen Larvenhaut geschlüpft
(Foto: H.-Willi Wünsch, 03.06.2016, xxl-Foto per Bildklick)

Larvale Besonderheiten:

Drohen die kleinen Moorschlenken, in denen sich die Larven aufhalten, im Sommer auszutrocknen, wandern sie in tiefere, noch restfeuchte Schlammschichten ab, wo sie noch ausreichend Nahrung finden. Friert die Schlenke im Winter komplett zu, sind die Larven in der Lage, ein mehrwöchiges Einfrieren schadlos zu überstehen.

Im Gegensatz zu anderen Libellenlarven sind jene von Somatochlora arctica gegenüber Artgenossen wenig aggressiv, sodass mehrere Larven in einer sehr kleinen, kaum als solche erkennbaren Moorschlenke vergesellschaftet leben können. Ihre Entwicklungszeit beträgt je nach Nahrungsangebot und Witterung 2 bis 3 Jahre.
Nahrung
Das Beutespektrum von Somatochlora arctica entspricht weitgehend dem von anderen gleichgroßen Großlibellenarten. So werden Fliegen, Mücken, Schnaken und kleinere Schmetterlinge im Flug erbeutet und verzehrt. Die Larven ernähren sich von allem, dem sie in ihren kleinen Moorschlenken habhaft werden können. Oft ist das Nahrungsangebot in diesen extremen Lebensräumen schlecht, was dann die larvale Entwicklungszeit hinauszögert.

Verbreitung in D/Welt
Global gesehen ist die Arktische Smaragdlibelle von der Halbinsel Kamtschatka im Osten bis zu den Pyrenäen Im Westen verbreitet. Darüber hinaus existieren Populationen in Südskandinavien und auf den Britischen Inseln. Aus den Niederlanden sind nur 5 Fundorte bekannt.



Frisch geschlüpfte weibliche Arktische Smaragdlibelle
(Foto: Heide Gospodinova, 05.06.2016, xxl-Foto per Bildklick)

In Deutschland kommt die Art in insgesamt 13 Bundesländern vor. Es gibt kleine, inselartige Vorkommen in Mooren der Alpen, des Alpenvorlandes sowie im Erzgebirge, im Harz und im Schwarzwald. Weiter nördlich werden Teile der Lüneburger Heide als bodenständige Lebensräume genannt. In Richtung der östlichen Bundesländer wie Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern wird Somatochlora arctica wesentlich seltener.

In der Roten Liste der Libellen Deutschlands (2015) wird die Art mit dem Status RL 2 = "stark gefährdet" geführt. In NRW sieht die Lage noch deutlich dramatischer aus (siehe unten).

Verbreitung in NRW



Frisch geschlüpfte weibliche Arktische Smaragdlibelle
(Foto: H.-Willi Wünsch, 03.06.2016, xxl-Foto per Bildklick)

Somatochlora arctica zählt zu den größten Seltenheiten in NRW. Die Individuenstärke einer Population der Arktischen Smaragdlibelle ist allerorts sehr gering. Auf dem Gebiet Nordrhein-Westfalens ist nur ein einziges bodenständiges Vorkommen der Art bekannt. Es wurde zur Datenerfassung an die zuständige Institution der "Biologischen Station Westliches Ruhrgebiet" gemeldet. In der Roten Liste der Libellen NRWs wird die Arktische Smaragdlibelle in der Stufe 1 = "vom Aussterben bedroht" geführt.

Benutzte Literatur
ARBEITSKREIS LIBELLEN NRW - K.-J. CONZE & N. GRÖNHAGEN unter Mitarbeit von E. BAIERL, A. BARKOW, L. BEHLE, N. MENKE, M. OLTHOFF, E. LISGES, M. LOHR, M. SCHLÜPMANN und E. SCHMID (2010): Rote Liste und Artenverzeichnis der Libellen - Odonata - in Nordrhein-Westfalen, pdf

BELLMANN, H. (2007): Der Kosmos Libellenführer: Die Arten Mitteleuropas sicher bestimmen. Kosmos (Franckh-Kosmos). 279 S.

BROCHARD, C.; D. CROENENDIJK; E. VAN DER PLOEG & T. TERMAAT (2012): Fotogids Larvenhuidjes van Libellen. KNNV. 224 S.

BROCKHAUS, T., H.-J. ROLAND, T. BENKEN, K.-J. CONZE, A. GÜNTHER, K. G. LEIPELT, M. LOHR, A. MARTENS, R. MAUERSBERGER, J. OTT, F. SUHLING, F. WEIHRAUCH & C. WILLIGALLA (2015): Libellula Supplement 14: Atlas der Libellen Deutschlands (Odonata). S. 242 ff.

DIJKSTRA, K.-D. B. (2006): Field Guide to the dragonflies of Britain and Europe. British Wildlife Publishing Ltd. 320 S.

GLITZ, D. (2012): Libellen in Norddeutschland. Ein Geländeschlüssel. Buch u. DVD.

JURZITZA, G. (2000): Der Kosmos-Libellenführer, Franckh-Kosmos Verlags GmbH & Co., Stuttgart

KUHN, K. & K. BURBACH (1998): Libellen in Bayern. Eugen Ulmer, Stuttgart. S. 188 ff

OTT, J., K.-J. CONZE, A. GÜNTHER, M. LOHR, R. MAUERSBERGER, H.-J. ROLAND & F. SUHLING (2015): Rote Liste der Libellen Deutschlands 2015. Libellula, Supplement 14, Atlas der Libellen Deutschlands, GdO e.V. pdf bei tu-braunschweig.de

STERNBERG, K. & R. BUCHWALD (2000): Libellen Baden-Württembergs, Bd. 2, Großlibellen (Anisoptera). Ulmer Verlag. 712 S

WENDLER, A., J.-H. NÜß (1992): DJN Deutscher Jugendbund für Naturbeobachtung - Libellen.

WILDERMUTH, H. & A. MARTENS (2014): Taschenlexikon der Libellen Europas. Alle Arten von den Azoren bis zum Ural im Porträt. 824 Seiten, Quelle & Meyer Verlag GmbH & Co. Wiebelsheim

WILDERMUTH, H. (2008): Die Falkenlibellen Europas. Die Neue Brehm-Bücherei Bd. 653, Westarp Wissenschaften. 512 S.

WÜNSCH, H.-W. & H. GOSPODINOVA (2014): Die Libellen Nordrhein-Westfalens und darüber hinaus. CD-ROM, Band 1 & 2, Ausgabe 2014.


Zur Buchliste weiterer interessanter Libellen-Bücher auf www.natur-in-nrw.de

Weitere Informationen zu Libellen (Odonata) im Internet

Arbeitskreis zum Schutz und zur Kartierung der Libellen in Nordrhein-Westfalen: Infos, Kontakte, Fotos, Links, Artenliste

www.waldschrat-online.de: Libellen und andere Artengruppen Nordrhein-Westfalens in Bild und Text (mit Schwerpunkt NSG Wahner Heide bei Köln)

www.libellenwissen.de: Alles Wissenswerte über Libellen in Bild und Text von Andreas Thomas Hein

Schutzgemeinschaft Libellen in Baden-Württemberg e.V. (SGL): Infos, Kontakte, Fotos, Links, Artenliste, Kartierung, Biologie, Ökologie usw.


Zur Linkliste weiterer interessanter Libellen-Internetseiten auf www.natur-in-nrw.de