Homepage

Konzeptidee

Artenlisten

Artenprofile

Naturschutz-Praxis

Chronologie

Links

Buchempfehlungen

Newsletter

Natur-Videos

Fotogalerie

Dank an...

Spiel

Suche

Kontakt & Spende

Hilfe

Impressum


 
 

Kleine Zangenlibelle (Onychogomphus forcipatus) (LINNAEUS, 1758)
Artenprofil von Heide Gospodinova & H.-Willi Wünsch
letzte Änderung: 28.08.2011


Systematische Einordnung

Stamm: Gliederfüßer (Arthropoda)
Klasse: Insekten (Insecta)
Ordnung: Libellen (Odonata)
Familie: Flußjungfern (Gomphidae)

Fotos (© H.- W. Wünsch)
Tagebau Frechen (1), Agger (2-5)


(xxl-Foto)
24.08.2008
Weibchen

(xxl-Foto)
07.08.2010
Männchen

(xxl-Foto)
07.08.2010
Männchen
Klick auf die kleinen Bilder oder xxl-Ansicht möglich

(xxl-Foto)
07.08.2010
Männchen

(xxl-Foto)
07.08.2010
Männchen
 
Besondere Merkmale

Insekten-ABC, Erklärungen von Fachbegriffen



Weibliche (unten) und männliche (oben) Kleine Zangenlibelle (Fotos: H.-W. Wünsch, xxl-Foto)

Die Kleine Zangenlibelle ist eine mittelgroße Libelle aus der Familie der Flußjungfern. Sie erreicht eine Körperlänge von ca. 55 mm. Ihre Flügelspannweite kann bis zu 75 mm betragen. Ihr Körper ist auffällig gelb-schwarz gezeichnet. Das Gelb weicht bei adulten Tieren im Thoraxbereich etwas ins grünliche.

Auffälligstes Merkmal sind beim Männchen die kräftig entwickelten Hinterleibsanhänge. Ein zangenförmiges Gebilde, deren Spitzen nach innen gebogen sind. Es ist länger als das 10. Hinterleibssegment.



Die typischen zangenförmigen Körperanhänge der männlichen Kleinen Zangenlibelle (Foto: H.-W. Wünsch, xxl-Foto)

Dieses Zangengebilde fehlt den Weibchen. Bei diesen ist das Abdomen etwas kräftiger entwickelt und weist mehr Gelbanteile auf. Beide Geschlechter besitzen tiefgrüne Augen, die, wie bei allen Gomphiden (Flußjungfern) weit auseinander stehen. Ein weiteres Erkennungsmerkmal sind die sehr breiten Thoraxbinden, die deutlich an den Seiten ausgebildet sind. Somit ist der gelbe "Schulterfleck" vollkommen von schwarzen Thoraxbinden umschlossen.

Lebensraum
Die Kleine Zangenlibelle ist ein absoluter Fließgewässerspezialist. Ihre Habitate sind im Idealfall nicht zu kühle, schnell fließende Bäche mit einer Fließgeschwindigkeit von ca. 0,55-0,85 m/s, sandigem Grund, mäßiger Wassertiefe von unter einem Meter und sehr hoher Wasserqualität. Andere Lebensräume sind nicht zu breite Flüsse mit einer entsprechenden Fließgeschwindigkeit.



Frisch geschlüpftes Weibchen der Kleinen Zangenlibelle (Foto: 12.07.2011, Agger - H.-W. Wünsch, xxl-Foto)

Die Art liebt unbeschattete, aus dem Wasser ragende Schotterbänke oder Kiesinseln, die sie als Sitzwarte zum Aufwärmen und als Ansitz auf Beute und Weibchen nutzt. Wichtig sind naheliegende, hochwüchsige Uferwiesen mit teilweisem Gehölzbestand, die von Jungtieren beim Jungfernflug direkt angesteuert werden können. Die Kleine Zangenlibelle kann, wenn auch selten, an Abläufen von Seen heimisch werden, wenn der Uferbereich sandig und mit Schilf bewachsen ist.

Biologie und Lebensweise
Die Flugzeit von Onychgomphus forcipatus beginnt Anfang Juni und endet Anfang September.
Außerhalb der Paarungszeit entfernt sich die Art häufig und bis zu 6 Kilometer weit vom Gewässer, um im Umfeld zu jagen. Dabei nimmt sie gerne an sandigen, sehr aufgeheizten Bodenflächen ein Sonnenbad. Hierfür nutzt sie u. a. breite Kieswege und sogar normale Straßen. Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Reifehabitates sind weitläufige, ungemähte Wildwiesen, in welchen sich die jungen Imagines gerne in die Vegetation setzen. Im angestammten Lebensraum, in den sie nach erlangen der Geschlechtsreife zurückkehren, besetzen Männchen gerne Ausgucke im steinigen Uferbereich, um auf anfliegende Weibchen zu warten. Zu nahe kommende konkurrierende Männchen werden sofort bekämpft und vertrieben. Ein festes Revierverhalten ist jedoch nicht zu beobachten, da die Standorte ständig wechseln.



Tandem der Kleinen Zangenlibelle (Foto: 12.07.2011, Agger - H.-W. Wünsch, xxl-Foto)

Die Weibchen kommen nur zur Paarung während der Mittagszeit ans Gewässer. Die Männchen ergreifen die Weibchen von ihrer Sitzwarte am Ufer aus. In Tandemformation fliegt das Paar dann in die naheliegende Vegetation oder in die Baumkronen. Die eigentliche Begattung findet im Sitzen statt und dauert einige Minuten. Nach der Paarung fliegt das Weibchen alleine und immer flussaufwärts zur Eiablage. Dabei wirft es 5-10 cm über der Wasseroberfläche fliegend unter wippenden Bewegungen kleine Pakete mit annähernd 500 Eiern ab.


Weibchen der Kleinen Zangenlibelle beim Eiabwurf (Foto: 12.07.2011, Agger - H.-W. Wünsch

Besonderheit: Die Entwicklung der Larve zum fertigen Fluginsekt kann nach Schätzungen zwischen 3 und 5 Jahren dauern.

Nahrung



Frisch geschlüpftes Männchen der Kleinen Zangenlibelle auf seiner Exuvie (Foto: 12.07.2011, Agger - H.-W. Wünsch, xxl-Foto)

Imago: Kleine Insekten aller Art, die im Flug erbeutet werden.

Larve: Über die Larven ist wenig bekannt. Anders als z. B. die Larven von Edel- und Segellibellen, die im Gewässer nach Nahrung jagen, leben die Larven der Kleinen Zangenlibelle eingegraben im sandigen Grund. Dort erbeuten sie vorbeischwimmende Organismen, wie kleine Bachkrebse und Zuckmückenlarven, sowie Eintagsfliegenlarven.

Verbreitung in D/Welt
Onychgomphus forcipatus besiedelt Teile von Nord-, Mittel- und Osteuropa. Die Art fehlt in Großbritannien, Dänemark und Norwegen. Vereinzelte Vorkommen sind in Südfrankreich, der Schweiz und dem Balkan erfasst. Eine der größten Populationen der Kleinen Zangenlibelle besiedelt abschnittsweise den Grenzfluss von der Südeifel nach Luxemburg namens "Our", nahe der Ortschaft Wallendorf.



Weibchen der Kleinen Zangenlibelle (Foto: 24.08.2008, Tagebau Frechen - H.-W. Wünsch, xxl-Foto)

Dennoch ist die Kleine Zangenlibelle extrem selten und nur noch inselartig anzutreffen. Dies liegt vermutlich am Rückgang geeigneter Lebensräume. Die Art ist "stark gefährdet" und wird in einigen Gebieten als "vom Aussterben bedroht" geführt. In Deutschland gibt es nur noch sehr wenige Fundorte, wie im Nahegebiet, im Westschwarzwald, am Hochrhein und wie beschrieben, an der Our. Seit 2008 kann Onychgomphus forcipatus auch wieder in dem Gebiet der Bergischen Heideterrasse bei Köln beobachtet werden. Ihr Vorkommen ist nach dem BNatSchG und dem BArtSchG von bundesweiter Bedeutung.

Verbreitung in NRW
Die Population der Kleinen Zangenlibelle in der Niederrheinischen Bucht galt offiziell als erloschen. Letzte offizielle und verbuchte Nachweise stammten aus dem Jahre 1925. Im Sommer 2008 wurde die Art durch die Autoren in der Wahner Heide an Abschnitten der Agger und im rekultivierten Tagebaugebiet Frechen/Erft erstmals wieder nachgewiesen. Intensive Beobachtungen in den Folgejahren führten zu erfreulichen Ergebnissen, da die Individuendichte zunahm und die Bodenständigkeit der Art bei beiden Geschlechtern durch Exuvienfunde und Schlupfdokumentationen fotografisch nachgewiesen werden konnte. Derzeit sind gesunde Populationen an Abschnitten der Flüsse Sülz, Agger und Sieg in den Bereichen Troisdorf und dem Rheinisch-Bergischen Kreis bekannt.



Männchen der Kleinen Zangenlibelle (Foto: 07.08.2010, Agger - H.-W. Wünsch, xxl-Foto)

Die historischen Nachweispunkte der Art in NRW (bis 2003) können der folgenden Karte entnommen werden:
Verbreitungskarte der Kleinen Zangenlibelle des Arbeitskreises zum Schutz und zur Kartierung der Libellen in Nordrhein-Westfalen.

Benutzte Literatur
BELLMANN, H. (2007): Der Kosmos Libellenführer - Die Arten Mitteleuropas sicher bestimmen. Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart. 279 S.

DIJKSTRA, Klaas-Douwe B. (2006): Field Guide to the dragonflies of Britain and Europe. British Wildlife Publishing Ltd. 320 S.

GESELLSCHAFT DEUTSCHSPRACHIGER ODONATOLOGEN (2009): Libellula Supplement 9, Atlas of the Odonata of the Mediterranean and North Africa

JURZITZA, G. (2000): Der Kosmos-Libellenführer. Stuttgart: Franckh-Kosmos

STERNBERG, K. & R. BUCHWALD (2000): Libellen Baden-Württembergs, Bd. 2, Großlibellen (Anisoptera). Ulmer Verlag. 712 S

SUHLING, F. & O. MÜLLER (1996): Die Flußjungfern Europas (Gomphidae). - Die Neue Brehm-Bücherei 628. Westarp Wissenschaften, Magdeburg, Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, Berlin, Oxford, 237 S.

WENDLER, A. & NÜß, J.-H. (1991): Libellen: Bestimmung, Verbreitung, Lebensräume und Gefährdung aller Arten Nord- und Mitteleuropas sowie Frankreichs unter besonderer Berücksichtigung Deutschlands und der Schweiz. - Hamburg: DJN 1991, 129 S.

Internet: www.waldschrat-online.de: Die Libellen Nordrhein-Westfalens.


Zur Buchliste weiterer interessanter Libellen-Bücher auf www.natur-in-nrw.de

Weitere Informationen zu Libellen (Odonata) im Internet

Arbeitskreis zum Schutz und zur Kartierung der Libellen in Nordrhein-Westfalen: Infos, Kontakte, Fotos, Links, Artenliste

www.waldschrat-online.de: Libellen und andere Artengruppen Nordrhein-Westfalens in Bild und Text (mit Schwerpunkt NSG Wahner Heide bei Köln)

Schutzgemeinschaft Libellen in Baden-Württemberg e.V. (SGL): Infos, Kontakte, Fotos, Links, Artenliste, Kartierung, Biologie, Ökologie usw.


Zur Linkliste weiterer interessanter Libellen-Internetseiten auf www.natur-in-nrw.de