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Spitzenfleck - Libellula fulva O. F. MÜLLER, 1764
Artenprofil von H. Gospodinova & H.-W. Wünsch
Letzte Änderung: 07.11.2011


Systematische Einordnung

Stamm: Gliederfüßer (Arthropoda)
Klasse: Insekten (Insecta)
Ordnung: Libellen (Odonata)
Familie: Segellibellen (Libellulidae)

Fotos (© H. Gospodinova & H.-W. Wünsch (1-2, 4-5),
H. G. Neuhoff (3, 6))

Troisdorf (NSG Wahner Heide 1, 3, 6), Villeseen (2, 4-5)


(xxl-Foto)
Männchen
21.05.2011

(xxl-Foto)
Männchen
20.05.2011

(xxl-Foto)
Männchen
23.05.2011
Klick auf die kleinen Bilder oder xxl-Ansicht möglich

(xxl-Foto)
Weibchen
23.05.2011

(xxl-Foto)
juv. Männchen
08.05.2011

(xxl-Foto)
Männchen
25.05.2011
Besondere Merkmale

Insekten-ABC, Erklärungen von Fachbegriffen



Vergleich des männlichen (unten) und weiblichen (oben) Spitzenflecks (Fotos: W. Wünsch, xxl-Foto)


Der Spitzenfleck (Libellula fulva) ist eine mittelgroße Segellibelle und trägt seinen deutschen Artnamen aufgrund der Färbung der Flügelspitzen, die bei den Weibchen immer und bei den Männchen manchmal schwarz eingefärbt sind. Die Tatsache, dass der Spitzenfleck viele markante Merkmale anderer Libellenarten in sich vereinigt, führt oft zu Verwechslungen mit anderen Arten. So werden junge Exemplare von Libellula fulva aufgrund ihrer auffälligen, schwarz gezackten, sich zum Thorax hin verjüngenden Abdomenzeichnung oft mit dem Zweifleck (Epitheca bimaculata) verwechselt. Letzterer ist jedoch um einiges größer und ein permanenter Flieger, während der Spitzenfleck eher ein Kurzstreckenflieger ist und sich des Öfteren niedersetzt. Die Jungtiere sind beide von leuchtend oranger Färbung mit dem beschriebenen Muster auf der Oberseite des Abdomens und nur durch ihre Hinterleibsanhänge (Cerci) zu unterscheiden. Erst später bilden sich beim Weibchen die rauchig schwarzen Flügelspitzen.



Juveniles Männchen des Spitzenflecks (Fotos: W. Wünsch, xxl-Foto)

Die Männchen entwickeln bis zum Erreichen der Geschlechtsreife eine abdominale, blaue Wachsbereifung. Sie können dann leicht mit einem Großen Blaupfeil (Orthetrum cancellatum) verwechselt werden. Diesem fehlt jedoch an den Hinterflügeln der dreieckige, dunkle Basalfleck, den nicht nur der Spitzenfleck sondern auch der Plattbauch (Libellula depressa) und der Vierfleck (Libellula quadrimaculata) besitzen. Diese weisen ihrerseits wieder ein Abdomen ohne die schwarz gezackten Zeichnungen auf, aufgrund deren sich die erwachsenen Geschlechter beim Spitzenfleck eindeutig voneinander unterscheiden. Man spricht in diesem Zusammenhang von Sexualdimorphismus. Ausgewachsene Tiere haben blaugraue Augen. Die Stirn des Männchens ist schwarz, während die des Weibchens rötlich braun gefärbt ist.

Die Augen der Jungtiere sind zweifarbig waagerecht unterteilt. Die obere Augenhälfte ist braun-beige, und die untere Hälfte blaugrau gefärbt.

Körperlänge: bis 4,5 cm
Flügelspannweite: 7,5-8 cm


Larven-Bestimmungsdetails aus BELLMANN (2007):
Beschreibung der Larve: Plumpe Anisopteren-Larve mit Analpyramide aus 5 Dornen > Fangmaske gewölbt, Fanghaken dreieckig mit fein gezähntem Rand und kurzem beweglichen Zahn > Fanghaken fein gewellt > Kopf hinter den Augen breit > Segment 7 und 8 mit Dorsaldornen > Dorsaldornen lang und schräg abstehend

Ähnliche Arten:

Großer Blaupfeil
(Orthetrum cancellatum)

ohne den dreieckigen, dunklen Basalfleck an den Hinterflügeln
Plattbauch (Libellula depressa)
Hinterleib ohne schwarz gezackte Zeichnungen; in allen 4 Flügeln einen kräftigen dunklen Fleck am Flügelansatz; breiter Hinterleib´; dunkelbraune Augen
Vierfleck (Libellula quadrimaculata)
Hinterleib ohne schwarz gezackte Zeichnungen; 4 dunkle Flecken (pro Flügelpaar) an den Flügelvorderrändern

Lebensraum
Libellula fulva ist ein Relikt der präglazialen (= vor der Eiszeit) Fauna und gilt als pontomediterranes (= den östlichen Mittelmeerraum betreffend) Faunenelement. Die Art besiedelt stehende und extrem langsam fließende Gewässer. Ihr Lebensraum sind sonnige Kleinseen, größere Teiche und Weiher in Waldnähe. Wald ist als Bedingung nicht zwingend erforderlich. Zumindest sollte jedoch ein kleiner Baumbestand in der Nähe sein.



Makro des Spitzenflecks (Foto: W. Wünsch, xxl-Foto)

Die Gewässer sollten, um den gehobenen Wasserqualitätsansprüchen dieser Libellenart zu genügen, eine Grundwasseranbindung aufweisen. Die Ufervegetation muss in Form von Schilf und Seggen reichlich und hochwüchsig vorhanden sein. Der Spitzenfleck ist eine Art der Auen und Tieflandebenen. In der Oberrheinischen Tiefebene werden breite und überwiegend nicht sehr flache Gewässer mit offenen Flächen besiedelt. Selten werden auch nicht mehr genutzte Fischteiche und Kiesgrubengewässer als Habitat angenommen. Saure Gewässertypen, wie nährstoffarme Moore und Torfstiche, werden von der Art gemieden.

Biologie und Lebensweise



Frisch geschlüpfter Spitzenfleck mit Exuvie (Foto: W. Wünsch, 22.05.2011, xxl-Foto)

Die Emergenz (Schlupf) der Art erfolgt im optimalen Lebensraum sehr synchron, so dass es zu regelrechtem Massenschlüpfen kommen kann. Diese Phänomene werden hauptsächlich vom lokalen Mikroklima bestimmt. Bis zur Geschlechtsreife entfernen sich die Tiere zumeist vom Gewässer und jagen im Umland Insekten. Die Männchen kommen nach dem Erlangen der Geschlechtsreife, nach 10-14 Tagen, zum angestammten Gewässer zurück, um dort nach Weibchen zu suchen. An warmen Tagen kann man sie schon am zeitigen Morgen gegen 09:00 Uhr am Wasser fliegen sehen. Wie bei Segellibellen üblich, fliegen sie dabei nur kurze Strecken, um sich einen optimalen Platz als Ansitz zur Jagd und zum Ausguck für Weibchen zu suchen. Dieser befindet sich im Mittelpunkt ihres Revieres. Einfliegende, rivalisierende Artgenossen und andere Libellen werden sofort attackiert und rigoros vertrieben. Die Weibchen erscheinen fast pünktlich zur Mittagszeit am Gewässer. Bei Sichtung eines Weibchens fliegt das Männchen von seiner Sitzwarte auf um es im Flug zu ergreifen.



Kopula des Spitzenflecks (Foto: W. Wünsch, 23.05.2011, xxl-Foto)

An Gewässern mit hoher Artendichte ist der nahe Luftraum binnen Minuten von fliegenden Paarungsrädern gefüllt. Die im Flug beginnende Paarung wird in der nahen Ufervegetation sitzend beendet.



Ansammlung von Kopulae des Spitzenflecks (Foto: W. Wünsch, 25.05.2011, xxl-Foto)

Hierbei kann es zu chaotischen und für den Beobachter zu grotesken Situationen kommen. Nicht selten ergreifen die Männchen eine artfremde Libelle wie z. B. den Vierfleck oder den Großen Blaupfeil. Ob Männchen oder Weibchen spielt dabei keine große Rolle. Erst wenn der "Fehlgriff" offensichtlich ist, trennt man sich wieder.



2 Kopulae des Spitzenflecks von unten betrachtet (Foto: W. Wünsch, 25.05.2011)

Eine "reguläre" Paarung dauert mindestens 10-15 Minuten. Selbst zwischen Paarungsrädern kann es zu rivalisierenden Kämpfen kommen. In extremen Situationen zeigt sich die Art dann wieder ökonomisch, indem man mangels Platz ein friedliches Miteinander vorzieht.



Kopula des Spitzenflecks von vorne betrachtet (Foto: W. Wünsch, 25.05.2011, xxl-Foto)

Nach der Paarung fliegt das Weibchen zur Eiablage auf die offene Wasserfläche, wo es ganz nach Segellibellenart seine Eier unter wippenden Bewegungen im Vorwärtsflug über der Wasseroberfläche abstreift. Die etwa zwei bis sechs Wochen später schlüpfenden Larven benötigen für ihre Entwicklung zum Imago zwei Jahre.



Junges Weibchen des Spitzenflecks (Foto: W. Wünsch, 25.05.2011, xxl-Foto)

Die Flugzeit des Spitzenflecks ist nur sehr kurz. Er fliegt bei normaler Witterung von Mitte Mai bis Ende Juni.
Wie kräfteaufreibend das Leben einer Libelle ist zeigt das folgende Foto eines doch arg mitgenommenen weiblichen Spitzenflecks sehr anschaulich:



Altes Weibchen des Spitzenflecks (Foto: W. Wünsch, 25.05.2011, xxl-Foto)

Nahrung
Adulte: Wie alle Libellen lebt der Spitzenfleck räuberisch und fängt seine Beute im Flug. Erbeutet werden dabei Fliegen, Mücken und andere Kleininsekten, worunter auch die ein oder andere Kleinlibelle und hier und da ein Schmetterling fällt.

Larven: Wasserflöhe, Kaulquappen, Kleinkrebse und andere Insektenlarven.

Verbreitung in D/Welt
Der Spitzenfleck ist in Europa hauptsächlich nördlich der Alpen verbreitet. Sein Verbreitungsareal reicht zudem von Südfrankreich, Norditalien, den Balkan bis zum nördlichen Mittelmeer. Die Art fehlt auf den meisten Mittelmeerinseln, mit Ausnahme auf Sardinien und Korsika. Ihr Lebensraum erstreckt sich weiter von der Schweiz bis nach Spanien im Westen, Südrußland im Osten, weiter über die Türkei bis in den Irak. Im Norden bilden der äußerste Süden Englands und der Süden Finnlands die Verbreitungsgrenzen. Die Art ist somit recht weit, jedoch nur inselartig verbreitet. In Deutschland liegen Verbreitungsschwerpunkte des Spitzenflecks im Rheintal, bzw. in der Oberrheinebene. Gesunde Populationen findet man darüber hinaus auch in Brandenburg.

Verbreitung in NRW
Das Verbreitungsbild des Spitzenflecks in NRW ähnelt dem der Keilfleck-Mosaikjungfer (Aeshna isoceles). Beim Vorkommen von Libellula fulva an den Villeseen handelt es sich um ein bereits seit längerer Zeit bekanntes Vorkommen. Im Jahr 2011 konnte von den Autoren und dem Libellenexperten J. RODENKIRCHEN Mitte Mai im Gebiet der rekultivierten Tagebaue im Naturpark Kottenforst Ville nahe Köln eine massive Zunahme der Art in Form eines Massenschlupfes dokumentiert werden. Wenig später gelang H. GOSPODINOVA & H.-W. WÜNSCH der Erstnachweis der Art im linksrheinischen Raum der Kölner Bucht, im Gebiet der Wahner Heide. Einem jungen Nachwuchsforscher namens H. HEISTER gelangen ebenfalls erste fotografische Nachweise der Art im Gebiet der Teiche um Siegburg Stallberg. Es wurden einige Imagines gesichtet und dokumentiert. Die Tatsache, dass es sich hierbei um Jungtiere handelte, lässt den Schluss zu, dass sich die Art in diesem Gebiet bereits erfolgreich reproduziert hat. Der endgültige Beweis, nämlich der Nachweis von Exuvien (leere Larvenhüllen), ist jedoch noch zu erbringen. Weitere Vorkommen sind in NRW nicht bekannt.

In der Roten Liste wird der Spitzenfleck für NRW als stark gefährdet eingestuft. Die wenigen bekannten Fundorte und die sich zum Nachteil der Art verändernden Refugien sollten Anlass dazu sein, die Art zu bewahren und entsprechende Schutzmaßnahmen zu ergreifen.

Verbreitungskarte des Spitzenflecks des Arbeitskreises zum Schutz und zur Kartierung der Libellen in Nordrhein-Westfalen.

Benutzte Literatur
BELLMANN, H. (2007): Der Kosmos Libellenführer: Die Arten Mitteleuropas sicher bestimmen. Kosmos (Franckh-Kosmos). 279 S.

K. DOUWE & B. DIJKSTRA (2006): Field Guide of the Dragonflies in Britain and Europe. British Wildlife Publishing, 320 S.

K. STERNBERG & R. BUCHWALD (2001): Die Libellen Baden-Württembergs, Bd.2, Großlibellen (Anisoptera). 712 S., Ulmer Verlag

WENDLER, A. & NÜß, J.-H. (1991): Libellen: Bestimmung, Verbreitung, Lebensräume und Gefährdung aller Arten Nord- und Mitteleuropas sowie Frankreichs unter besonderer Berücksichtigung Deutschlands und der Schweiz. - Hamburg: DJN 1991, 129 S.

GESELLSCHAFT DEUTSCHSPRACHIGER ODANOTOLOGEN (GDO) (2011): Libellula 30 (1/2) Matthias Olthoff, Norbert Menke, Jochen Rodenkirchen: S. 1-12.

AK LIBELLEN NRW: Libellula Supplement 9, Atlas of Odonata

G. JURZITZA (2007): Der Kosmos-Libellenführer. Die Arten Mittel- und Südeuropas. Franckh-Kosmos Verlag, 191 S.

www.waldschrat-online.de: H.-W. Wünsch & H. Gospodinova: Die Libellen Nordrhein-Westfalens

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Weitere Informationen zu Libellen (Odonata) im Internet

Arbeitskreises zum Schutz und zur Kartierung der Libellen in Nordrhein-Westfalen: Infos, Kontakte, Fotos, Links, Artenliste

Schutzgemeinschaft Libellen in Baden-Württemberg e.V. (SGL): Infos, Kontakte, Fotos, Links, Artenliste, Kartierung, Biologie, Ökologie usw.


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