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Mond-Azurjungfer - Coenagrion lunulatum (CHARPENTIER, 1840)
Artenprofil von Heide Gospodinova & H.-Willi Wünsch
Letzte Änderung: 10.04.2016


Systematische Einordnung

Stamm: Gliederfüßer (Arthropoda)
Klasse: Insekten (Insecta)
Ordnung: Libellen (Odonata)
Familie: Schlanklibellen (Coenagrionidae)

Fotos (© H.-Willi Wünsch (1), Heide Gospodinova (2))



(xxl-Foto)
Männchen
27.05.2015

(xxl-Foto)
Weibchen
23.05.2013
 
Klick auf die kleinen Bilder oder xxl-Ansicht möglich
     
Besondere Merkmale

Insekten-ABC, Erklärungen von Fachbegriffen

Informationen zum wissenschaftlichen Artnamen: Der Artname lunulatum leitet sich vom lateinischen "lunulatus = mit einem (kleinen) Mond gezeichnet" ab. Hierbei wird, genauso wie beim deutsche Artnamen, auf eine sichelförmige Zeichnung auf der Oberseite des 2. Abdominalsegmentes des Männchen verwiesen.

Die Mond-Azurjungfer ist eine recht zierlich gebaute Schlanklibelle mit einer Körperlänge von ca. 3 cm und einer Flügelspannweite bis 3,5 cm.

 

Adultes (links) und unreifes Männchen (rechts) der Mond-Azurjungfer (Fotos © Heide Gospodinova, 23.05.2013, xxl-Fotos per Klick)

Die Jungtiere beider Geschlechter erscheinen unmittelbar nach dem Schlupf in einer schwarz-braun-beigen Färbung.
Während sich die Männchen bis zur Geschlechtsreife stellenweise blau färben, behalten die Weibchen ihre Braunfärbung bei.

 

Adultes (links) und unreifes Weibchen (rechts) der Mond-Azurjungfer
(Fotos © Heide Gospodinova (links), H.-Willi Wünsch (rechts), 23.05.2013, xxl-Fotos per Klick)

Bei den Weibchen kommen andochrome Farbmorphen (= sehr ähnlich der männlichen Farbgebung) vor, sind jedoch selten. Beide Geschlechter haben zweifarbige Augen, die obere Hälfte ist schwarz, die untere Hälfte ist grün. Die postokularen (hinter den Augen liegende) Flecken sind tropfenförmig; bei den Männchen blau und bei den Weibchen braun und etwas größer ausgebildet. Die Männchen verfügen auf der Oberseite des 2. Hinterleibssegmentes über eine Zeichnung, die an eine Mondsichel erinnert, die beidseitig von je einem kommaartigen Strich flankiert wird.



Weibchen (oben) und Männchen (unten) der Mond-Azurjungfer (Foto © Heide Gospodinova, 23.05.2013, xxl-Foto per Klick)

Da dieses Muster variabel ist und jenem der Speer-Azurjungfer (Coenagrion hastulatum) ähnelt, können die männlichen Imagines leicht miteinander verwechselt werden. Jedoch besitzen die adulten Männchen von Coenagrion lunulatum im gesamten Erscheinungsbild einen höheren Schwarzanteil. Die Abdominalsegmente S-3 bis S-7 sind oberseitig vorwiegend schwarz und werden nur durch kleine blaue Flecken unterbrochen. Die Segmente S-8 und S-9 sind vollständig blau, S-10 ist oberseitig schwarz gefärbt.



Vergleichsbild mit Verwechslungsarten: 1. von oben: männliche Mond-Azurjungfer (Foto © H.-Willi Wünsch),
2. von oben weibliche Mond-Azurjungfer (Foto © H. Gospodinova),
3. von oben: männliche Speer-Azurjungfer (Coenagrion hastulatum, Foto © H.-Willi Wünsch),
unten: weibliche Gemeine Becherjungfer (Enallagma cyathigerum, Foto © H.-Willi Wünsch), xxl-Foto per Klick)

Die Weibchen sind leicht mit gleichgeschlechtlichen Imagines der Gemeinen Becherjungfer (Enallagma cyathigerum), zu verwechseln. Sichere Erkennungsmerkmale sind hier der hintere Rand der Vorderbrust, das sogenannte Pronotum, wo in der Mitte ein ausgeprägter Zipfel zu erkennen ist. Auf der Oberseite des 8. Hinterleibssegmentes befindet sich eine glockenförmige Zeichnung, die ebenfalls zu Bestimmungszwecken herangezogen werden kann.


Beschreibung der Larve (nach BELLMANN, 2007):

 - Schlanke Larve mit 3 Kiemenblättchen am Körperende
 - Erstes Fühlerglied nicht auffallend lang und alle Kiemenblättchen etwa gleich lang
 - Kiemenblättchen mit schräg abzweigenden Seitenadern aber ohne fadenförmige Verlängerung
 - Hinterkopf abgerundet
 - Larven mindestens 13 mm lang, aber kleiner als 20 mm
 - Kiemenblättchen länger als 3 mm aber nicht auffallend schmal
 - Fühler mit 6 Gliedern
 - Kiemenblättchen mit stumpfem Apex. Fanghakenborsten ohne Nebenborsten.
 - Mit diesen Merkmalen kommen in Frage: Coenagrion hastulatum, C. lunulatum oder C. armatum.

Lebensraum
Coenagrion lunulatum gilt als eine Lebensraumspezialistin, die leichte bis mittelsaure, nährstoffarme Moorgewässer von vorwiegend mittlerer Größe und lichten Waldbeständen in unmittelbarer Umgebung bevorzugt. Eventuell vorhandene offene Flächen in Gewässernähe dienen der Art als Reife-, Jagd- und Fortpflanzungshabitat.



Lebensraum der Mond-Azurjungfer (Foto © H.-Willi Wünsch, 26.05.2012, xxl-Foto per Klick)

Die Ufer der Stillgewässer sollten über eine üppig bewachsene, windgeschützte und gut besonnte Flachwasserzone verfügen. Hinter den Verlandungszonen ist eine offene Wasserfläche mit nur noch spärlicher sub- und emerser Vegetation von Vorteil. Im Allgemeinen ist der Lebensraum der Mond-Azurjungfer sehr naturnah und innerhalb von intakten Moor- und Heidelandschaften gelegen.

Biologie und Lebensweise
Die Mond-Azurjungfer ist eine Art des Frühjahrs. Der Beginn ihrer Emergenzperiode ist stark von den jahreszeitlich herrschenden Witterungseinflüssen abhängig. Unter günstigen Bedingungen verlassen die ersten Larven zwischen Ende April und Anfang Mai die Gewässer, um zur Imago zu metamorphisieren.



Schlupfbereite Larve der Mond-Azurjungfer (Foto © H.-Willi Wünsch, 28.04.2014, xxl-Foto per Klick)

Coenagrion lunulatum neigt dazu sehr synchron zu schlüpfen, sodass die Emergenzperiode bereits nach 2 Wochen abgeschlossen sein kann. Die Flugzeit dauert in der Regel bis Ende Juni und ist somit ausgesprochen kurz.
Nach dem Schlupf verlassen die jungen Imagines die unmittelbare Umgebung ihrer Entwicklungsgewässer um in der Umgebung von etwas mehr als 100 m zwischen lichten Baumbeständen und kleineren offenen Flächen zu reifen und zu jagen. Die Tagesphänologie der Tiere ist auch jetzt stark von der Witterung abhängig. Bei wolkenverhangenem Himmel findet ebenso wenig Flugaktivität statt wie bei zu großer Hitze. Bei für die Art optimalen Bedingungen zeigen die Imagines eine recht hohe Fluchtdistanz.



Diese weibliche Mond-Azurjungfer versteckt sich hinter einem Grashalm (Foto © H.-Willi Wünsch, 23.05.2013, xxl-Foto per Klick)

Bei suboptimalem Wetter verhalten sie sich träge und versuchen sich, dicht hinter Grashalmen angelehnt, zu verstecken, wobei sie ihre Beobachter jedoch nicht aus den Augen verlieren. Die geschlechtsreifen Männchen besetzen Sitzwarten in der Vegetation der Flachuferzonen. Dabei verhalten sie sich untereinander wenig aggressiv. Die Weibchen verhalten sich, wie bei den meisten Libellenarten, wenig auffällig und suchen die Gewässer nur zu Fortpflanzungsaktivitäten auf. Da eigenen Beobachtungen zufolge einzelne Weibchen oder Paarungsräder nur extrem selten in unmittelbarer Gewässernähe zu finden sind, liegt die Vermutung nahe, dass die Männchen im Tagesverlauf die Refugien der Weibchen aufsuchen, um dort auch die Paarung zu vollziehen.



Beide Geschlechter der Mond-Azurjungfer (Foto © Heide Gospodinova, 23.05.2013, xxl-Foto per Klick)

Die Gewässer werden anschließend in Tandemformation angeflogen, um mit der Eiablage zu beginnen. Dabei klettert das Pärchen gemeinsam an weichen, aus dem Wasser ragenden Pflanzenstrukturen abwärts, bis beide Partner völlig untergetaucht sind. Die Prozedur der Eiablage kann mitunter 2 Stunden des Tages in Anspruch nehmen. Dabei werden mehrere Tauchgänge von jeweils etwa 15 Minuten Dauer gelegentlich durch Ruhephasen in der näheren Umgebung unterbrochen.

 

Verwechslungsarten: links männliche Speer-Azurjungfer (Coenagrion hastulatum, 27.05.2015),
rechts weibliche Gemeine Becherjungfer (Enallagma cyathigerum, 26.05.2015, Fotos © H.-Willi Wünsch, xxl-Fotos per Klick

Da die Mond-Azurjungfer häufig mit anderen Schlanklibellenarten, wie der Speer-Azurjungfer (Coenagrion hastulatum) und der Gemeinen Becherjungfer (Enallagma cyathigerum) vergesellschaftet lebt und nicht selten die geringste Individuendichte aller Arten aufweist, ist es meist sehr schwierig die seltenen Tiere, aufgrund ihrer unauffälligen Lebensweise, in ihren wenigen intakten Lebensräumen ausfindig zu machen. Die Lebenserwartung der Imagines liegt bei etwas mehr als 14 Tagen.


Besonderheit: Wassermilben als Libellenparasiten (nach MARTENS 1996):



Von einer Arrenurus-Milbe befallene Mond-Azurjungfer (Foto © H.-Willi Wünsch, 26.05.2015, xxl-Foto per Klick)

In älterer Literatur finden sich noch keine Hinweise über mögliche Parasitenbefälle der Art. Eigenen Beobachtungen (siehe Foto) aus den Frühlingsmonaten der letzten Jahre nach, sind Imagines der Mond-Azurjungfer häufig von einem Ektoparasiten befallen.

Bei den abgebildeten Parasiten handelt es sich um Wassermilben vermutlich der Gattung Arrenurus. Wassermilben besitzen 4 Entwicklungsstadien: Ei - Larve - Nymphe - Adultus. Die Milbenlarve sucht sich eine Libellenlarve und heftet sich an sie an ohne Schadenswirkung. Beim Schlupf der Libelle wechselt die Milbenlarve dann auf die adulte Libelle und bohrt sich in den noch weichen (nicht ausgehärteten) Chitinpanzer. Über eine gallertige Röhre nimmt die Larve nun 18-20 Tage Hämolymphe von der Libelle auf.



Viele Libellenarten sind von Milbenbefall betroffen.
Hier ist eine Frühe Adonislibelle die Leidtragende... (Foto: Axel Steiner, 29.04.2007, xxxl-Foto)

Bei der Eiablage der Libellen gelangt die Milbennymphe wieder ins Wasser. Die Nymphe lebt dann nach einer kurzen Ruhephase im Wasser räuberisch von Wasserflöhen und Muschelkrebsen. Erst danach entwickelt sich das adulte Geschlechtstier. Die Libelle hat aufgrund eingeschränkter Flugfähigkeit eine verminderte Lebenserwartung und einen geringeren Fortpflanzungserfolg. Die genaue Milbenart kann nur im ausgewachsenen Stadium bestimmt werden. Je nach Region, sind Libellen unterschiedlich stark von Wassermilben befallen.

Nahrung
Imagines: Die kleinen Mond-Azurjungfern ernähren sich von allerlei kleinen Fluginsekten, wie Zuckmücken, diversen Fliegen, kleinen Motten und Schmetterlingen: Diese werden während ihrer kurzen Jagdflüge erbeutet.



Diese männliche Mond-Azurjungfer geriet mit einer erbeuteten Fliege in ein Spinnennetz. Ungeachtet dessen, dass sich die Libelle nicht mehr aus dieser Falle befreien konnte, fraß sie ihr Opfer, als eine Art "Henkersmalzeit".
(Foto © Heide Gospodinova, 27.05.2012, xxl-Foto per Klick)

Larven: Über das larvale Leben der Mond-Azurjungfer ist so gut wie nichts bekannt. In der aktuellen Fachliteratur wird, ähnlich wie bei anderen Coenagrion-Arten auch, von einer einjährigen Entwicklungszeit ausgegangen.

Verbreitung in D/Welt
Coenagrion lunulatum ist ein eurosibirisches Faunenelement, dessen Hauptverbreitungsgebiet in Südsibirien liegt. Als eine Art des Tieflandes befinden sich ihre Hauptvorkommen in den Ebenen der Niederlande über Norddeutschland bis nach Polen. In Richtung Norden reicht das Verbreitungsgebiet bis zur finnischen Grenze. Es existieren einige Populationen im Osten Deutschlands, in Mecklenburg-Vorpommern und in Brandenburg. In Süddeutschland, im Alpenvorland, ist die Art extrem selten und seit einigen Jahren nicht mehr gefunden worden.

Verbreitung in NRW
In Nordrhein-Westfalen sind nur Funde im äußersten Norden bekannt, wo die Art in einer kleinen Population in einem Moorgebiet an den Grenzen zu Niedersachsen und den Niederlanden fliegt. Coenagrion lunulatum wird aufgrund ihrer speziellen Lebensraumansprüche und dem weitgehenden Fehlen solcher Habitate in der Roten Liste Nordrhein-Westfalens in der Stufe 1 = "vom Aussterben bedroht" sowie mit dem Zusatz "ss" = sehr selten und als besonders schützenswert geführt.

Benutzte Literatur
BELLMANN, H. (2007): Der Kosmos Libellenführer: Die Arten Mitteleuropas sicher bestimmen. Kosmos (Franckh-Kosmos). 279 S.

BROCHARD, C.; D. CROENENDIJK, E. VAN DER PLOEG, T. (2012): Fotogids larvenhuidjes van libellen / druk 1. KNNV, Uitgeverij. 224 S.

BROCKHAUS, T.; H.-J. ROLAND; T. BENKEN; K.-J. CONZE; A. GÜNTHER; K. G. LEIPELT; M. LOHR; A. MARTENS; R. MAUERSBERGER; J. OTT; F. SUHLING; F. WEIHRAUCH & C. WILLIGALLA (2015): Libellula Supplement 14: Atlas der Libellen Deutschlands (Odonata). S. 1-394

DIJKSTRA, K.-D. B. (2006): Field Guide to the dragonflies of Britain and Europe. British Wildlife Publishing Ltd. 320 S.

GLITZ, D. (2012): Libellen in Norddeutschland, ein Geländeschlüssel. Buch u. DVD.

JURZITZA, G. (2000): Der Kosmos-Libellenführer, Franckh-Kosmos Verlags GmbH & Co., Stuttgart

KUHN, K. & K. BURBACH (1998): Libellen in Bayern. Eugen Ulmer, Stuttgart. S. 176 ff

MARTENS, A. (1996): Die Federlibellen Europas: Platycnemididae. Westarp Wissenschaften, Magdeburg. 149 S.

OTT, J. & W. PIPER (1998): Rote Liste der Libellen (Odonata). In: Binot, M., R. Bless, P. Boye, H. Gruttke & P. Pretscher: Rote Liste gefährdeter Tiere Deutschlands. Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.): Schr.-R. Landschaftspfl. u. Natursch. 55: 260-263

ROTE LISTE und Artenverzeichnis der Libellen - Odonata - in Nordrhein-Westfalen (2010): 4. Fassung, Stand April 2010, Arbeitskreis Libellen NRW - Klaus-Jürgen Conze, Nina Grönhagen unter Mitarbeit von Edgar Baierl, Andreas Barkow, Ludger Behle, Norbert Menke, Matthias Olthoff, Eva Lisges, Mathias Lohr, Martin Schlüpmann und Eberhard Schmidt - PDF

STERNBERG, K. & R. BUCHWALD (2000): Libellen Baden-Württembergs, Bd. 1, Kleinlibellen (Zygoptera). Ulmer Verlag.

WENDLER, A. & J.-H. NÜß (1992): Libellen. DJN (Deutscher Jugendbund für Naturbeobachtung), Hamburg, 131 S.

WILDERMUTH, H. & A. MARTENS (2014): Taschenlexikon der Libellen Europas. Alle Arten von den Azoren bis zum Ural im Porträt. 824 Seiten, Quelle & Meyer Verlag GmbH & Co. Wiebelsheim

WÜNSCH, H.-W. & H. GOSPODINOVA (2014): Die Libellen Nordrhein-Westfalens und darüber hinaus. CD-ROM, Band 1 und 2


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Weitere Informationen zu Libellen (Odonata) im Internet

Arbeitskreises zum Schutz und zur Kartierung der Libellen in Nordrhein-Westfalen: Infos, Kontakte, Fotos, Links, Artenliste

waldschrat-online.de: Informationen, Fotos, CD-Rom, Blog... über Libellen in Nordrhein-Westfalen von H. Gospodinova und H.-Willi Wünsch

www.libellenwissen.de: Sehr viele Informationen über Libellen, Bestimmungshilfen, Fotogalerien uvm. von Andreas Thomas Hein

Schutzgemeinschaft Libellen in Baden-Württemberg e.V. (SGL): Infos, Kontakte, Fotos, Links, Artenliste, Kartierung, Biologie, Ökologie usw.


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