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Gemeine Schornsteinwespe, Gezähnte Mauerwespe - Odynerus spinipes (LINNAEUS, 1758)
Artenprofil von Axel Steiner
Letzte Änderung: 23.12.2015


Systematische Einordnung

Stamm: Gliederfüßer (Arthropoda)
Klasse: Insekten (Insecta)
Ordnung: Hautflügler (Hymenoptera)
Familie: Echte Wespen (Vespidae)
Unterfamilie: Solitäre Faltenwespen (Eumeninae)

Synonyme:

Oplomerus spinipes, Hoplomerus spinipes

Fotos (© Axel Steiner)
Breckerfeld


(xxl-Foto)
16.06.2013

(xxl-Foto)
23.05.2011

(xxl-Foto)
17.06.2012
Klick auf die kleinen Bilder oder xxl-Ansicht möglich
     
Besondere Merkmale

Insekten-ABC, Erklärungen von Fachbegriffen



Gemeine Schornsteinwespe (Odynerus spinipes) (Foto © Axel Steiner, 03.06.2011, xxl-Foto bei Bildklick)

schwarz-gelb gezeichneter Körper; gelbe Hinterleibsbinden relativ schmal und gerade; mit Zahn an den Klauen; schwarzer Fühlerschaft; Gesichtsschild unten etwa gerade

Männchen: Schenkel (= Femur) 2 mit 2 Ausbuchtungen; Behaarung und Antennenglieder 10-13 schwarz; eng eingerollte Antennenenden; Hinterleib mit 7 freien Segmenten; 13 Fühlerglieder; kräftig zitronengelb; das 2. Sternit ist gleichmäßig konvex gebogen, ohne Längsschwielen; das letze Fühlerglied ist lappenförmig breit, zungenförmig

Der wissenschaftliche Artname "spinipes" und der weniger gebräuchliche andere deutsche Artname Gezähnte Mauerwespe bezieht sich wohl auf die zahnartigen Auszeichnungen an den Mittelbeinen der Männchen (M. DREES, E-Mail-Mitteilung vom 23.12.2015).




Gemeine Schornsteinwespe (Odynerus spinipes) (Foto © Axel Steiner, 16.06.2013, xxl-Foto bei Bildklick)

Weibchen: Hinterbrust (= Metanotum), erstes Segment des Hinterleibs (= Propodeum) und Augenbucht schwarz; Hinterleib mit 6 freien Segmenten und 12 Fühlergliedern; Schildchen immer schwarz; die innere Augenhöhle (= Orbita) hat über dem Kopfschild (= Clypeus) einen kurzen gelben Streifen

Die gelben Binden sind annähernd gleich breit, insbesodere auch die erste. Das unterscheidet die Gattung Odynerus im Feld von den meisten Ancistrocerus-Arten, bei denen die erste Binde meist außen erweitert ist. Genauen Aufschluss über die Artzuhörigkeit liefert letztendlich die Form der Flügelschüppchen (Tegulae) (M. DREES, E-Mail-Mitteilung vom 23.12.2015).

Körperlänge: 9,5 - 12,5 mm


Weitere in NRW nachgewiesene Arten der Gattung Odynerus:

Odynerus melanocephalus: mit weißlich-gelber Behaarung

Gelbe Schornsteinwespe (Odynerus reniformis): erstes Segment des Hinterleibs und die Hinterbrust gelb; gelb gezeichnetes Hinterschildchen und 1. gelbe Hinterleibsbinde an den Seiten nach vorn erweitert

Lebensraum



links: Schornsteinwespen-Kolonie
(Foto © Axel Steiner, 02.06.2011, xxl-Foto bei Bildklick)


Natürliche Lebensräume stellen Lehm- und Lösswände, Hohlwege, Ufer von Baggerseen, Trockenmauern, Lehmfachwerk oder Sandgruben dar.

In meinem Garten konnte ich diese interessanten Tierchen mit einer Lehmwand in einer Insektennisthilfe anlocken.
Biologie und Lebensweise
Die Flugzeit der Schornsteinwespe reicht von Ende Mai bis Juli. Die Männchen sollen nur im Juni fliegen, während die Weibchen im Juni und Juli anzutreffen sind. Meine eigenen Bilder sind zwischen dem 23.05. und dem 04.07. entstanden.
Die Nester werden kolonieweise an geschützten, sonnigen senkrechten Flächen angebracht.
Wie in der Literatur beschrieben konnte ich auch an meiner Nisthilfe beobachten, wie die Tierchen Wasser vom nahen Gartenteich sammelten um damit die harte, trockene Lehmwand zu befeuchten.



Zunächst wird die Wand mit Wasser eingeweicht. (Foto © Axel Steiner, 04.07.2012, xxl-Foto bei Bildklick)

 
 
 
 

Dann beginnt die Gemeine Schornsteinwespe mit dem Bau ihrer Niströhre (Foto © Axel Steiner, 03.06.2011 - 14:03 Uhr (1), 14:09 Uhr (2), 14:11 Uhr (3), 14:48 Uhr (4), 14:49 Uhr (5), 15:44 Uhr (6), 15:45 Uhr (7), 15:47 Uhr (8), xxl-Fotos bei Bildklick)

Danach kann sie das aufgeweichte Material mit den Mandibeln bearbeiten und in Form des ringförmigen Schornsteins "aus dem Weg räumen" und die Niströhren graben.

 
 
 

Schornsteinwespe beim Bau der Niströhre. Schön kann man erkennen, dass die Form der Röhre dadurch erreicht wird, dass die Wespe von Innen den Kopf gegen die Lehmmasse drückt und von Außen mit den Beinen gegengepresst. Beim Bau kann es auch zu Störungen durch Artgenossen kommen. (Foto © Axel Steiner, 30.05.2011, xxl-Fotos bei Bildklick)

Charakteristisch sind bei Odynerus spinipes die den deutschen Artnamen begründenden schornstein(wasserhahn-)artigen Eingangsröhren, die eine Länge von 5 cm erreichen können. Die Bausteine des Schornsteins werden teils nur lückig aneinandergefügt und die Bauweise ist so instabil, dass ein kräftiger Regenguss das gesamte Bauwerk davonspülen kann. Es wird vermutet, dass die Schornsteine als Materialzwischenlager dienen und das Material des Schornsteins für den abschließenden Verschluss des Nestes wieder abgebaut und genutzt wird.



 

Schornsteinwespe an Niströhre (Foto © Axel Steiner, 02.06.2011, xxl-Fotos bei Bildklick)

Das Nest besteht aus einem etwa 1 cm breiten und maximal 6 bis 8 cm langen, schräg abwärts führenden Gang mit maximal 7 Brutzellen. Das Ei wird in diesen Zellen an einem Faden an der Decke aufgehängt bevor etwa 10-30 Rüsselkäferlarven eingelagert werden. Die Larven der Schornsteinwespe fressen nach dem Schlupf nach und nach die gelähmten Rüsselkäferlarven auf.
Der Nestbau, Eiablage, Anlage des Nahrungsdepot und der Verschluss des Nestes findet innerhalb von ca. 2 Wochen statt. Die Larvenentwicklung geht auch sehr schnell - innerhalb von einer Woche - vonstatten.

 

Makro-Ansichten der Gemeinen Schornsteinwespe (Fotos © Axel Steiner, 03.07.2012, xxl-Fotos bei Bildklick)

Als Kuckuckswespen (Brutparasiten) werden in der Literatur die Goldwespen (Chrysididae)-Arten Chrysis mediata, Chrysis viridula, Chrysis ignita, Chrysis aureipes, Chrysis filgida und Pseudospinolia neglecta genannt.
Die Goldwespen graben die fertiggestellten Brutzellen auf, beißen den Kokon der bereits entwickelten Schornsteinwespe auf und legen dann ein eigenes Ei ab. Die geschlüpfte Goldwespenlarve ernährt sich dann von der im Kokon bereits entwickelten Schornsteinwespe.



Bunte Goldwespe (Chrysis viridula) (Foto © Axel Steiner, 12.08.2007, xxl-Foto bei Bildklick)

Als weiterer Brutschmarotzer der Gemeinen Schornsteinwespe wird in der Literatur auch der Trauerschweber (Anthrax anthrax) genannt (WOYDAK, 2006). Dieser wirft seine Eier im Flug in die Niströhren seiner Wirte ab. Die Larven ernähren sich dann u. a. von den Larven der Wirte.



Dieser Trauerschweber (Anthrax anthrax) ist gerade frisch in meiner Nisthilfe geschlüpft. Die Larvenhülle ist unten links noch erkennbar. (Foto © Axel Steiner, 16.06.2013, xxl-Foto bei Bildklick)

Nahrung
Als Larvennahrung dienen ausschließlich die raupenartigen Rüsselkäferlarven der Gattung Hypera (Synonym Phytonomus). Der häufigste Vertreter dieser Gattung ist Hypera postica (= Phytonomus variabilis), die an Luzerne aber auch an Steinklee (Melilotus) lebt.



 


Schornsteinwespe mit Beute (Foto © Axel Steiner, 28.06.2012, xxl-Fotos bei Bildklick)

Die Beute wird gelähmt und kann dann der eigenen Brut dann bei Bedarf als frische Nahrungsquelle dienen.
Die adulten Tiere suchen Nektar an Blüten mit offen liegenden Nektarquellen.

Verbreitung in D/Welt



Schornsteinwespe beim Nestbau (Foto © Axel Steiner, 17.06.2012, xxl-Foto bei Bildklick)

In Mitteleuropa weit verbreitet und fast überall ziemlich häufig. Bis Sibirien vorkommend.
In der Roten Liste gefährdeter Tiere Deutschlands (BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ, 1998) wird sie mit dem Status 3 = "gefährdet" geführt.

Verbreitung in NRW
In NRW ist die Gemeine Schornsteinwespe durchaus verbreitet aber sie wird aktuell als "selten" angesehen.
WOYDAK (2006) hat einige Städte mit Fundorten für Odynerus spinipes aufgelistet: u. a. Stadtkyll, Gönnersdorf, Nonnenbach, Kalenberg, Mechernich, Monheim, Dortmund, Letmathe, Kreuztal, Siegen, Holzwickede, Hagen, Bielefeld, Lippetal, Kamen, Minden-Lübbecke

Ich selber kann noch den Fundort Breckerfeld ergänzen.



 

Schornsteinwespe im Anflug auf Niströhre (Foto © Axel Steiner, 03.06.2011, xxl-Fotos bei Bildklick)

In der Roten Liste der gefährdeten Wildbienen und Wespen Nordrhein-Westfalens wird sie mit dem Status 3 = "gefährdet" geführt. "Die Gefährdung der Art ergibt sich unmittelbar aus der Gefährdung des Nisthabitats "südexponierte trockene Steilwand" das immer seltener wird. Aktuell besiedelt werden vor allem Sekundärhabitate (z. B. Kiesgruben, Steinbrüche); natürliche Uferabbrüche oder historische Nutzungsformen wie Lösshohlwege stehen kaum noch zur Verfügung (ESSER et al., 2009)."
Die Art scheint allerdings wieder etwas häufiger zu werden und passt sich dabei wohl an urbane Lebensräume an (M. DREES, E-Mail-Mitteilung vom 23.12.2015).

Benutzte Literatur
BELLMANN, H. (2005): Bienen, Wespen, Ameisen. Kosmos-Naturführer, Franckh-Kosmos Verlag. - Stuttgart. 336 S.

BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ, HRSG. (1998): Rote Liste gefährdeter Tiere Deutschlands. - Schriftenreihe für Landschaftspflege und NAturschutz Heft 55. 434 S., Bonn-Bad Godesberg.

ESSER, J.; M. FUHRMANN & C. VENNE (2009): Rote Liste und Artenverzeichnis der Wildbienen und Wespen - Hymenoptera - Aculeata - in Nordrhein-Westfalen. In LANUV (Hrsg.): Rote Liste der gefährdeten Pflanzen, Pilze und Tiere in Nordrhein-Westfalen, 4. Fassung, 2011 - LANUV-Fachbericht 36, Band 2, S. 335-398 pdf

ESSER, J.; A. JAKUBZIK, H. SONNENBURG & H. WOYDAK (2004): Artenlisten der Stechimmen Nordrhein-Westfalens. S. 255-270. In: Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Stechimmen in Nordrhein-Westfalen. - Ökologie - Gefährdung - Schutz. LÖBF-Schriftenreihe 20: S. 110-119

GUSENLEITNER, J. (1998): Bestimmungstabellen mittel- und südeuropäischer Eumeniden (Vespoidea, Hymenoptera) Teil 8. Die Gattungen Odynerus LATREILLE 1802, Gymnomerus BLÜTHGEN 1938, Paragymnomerus BLÜTHGEN 1938 und Tropidodynerus BLÜTHGEN 1939. Linzer biol. Beitr. 30/1, S. 163-181 pdf

SAUER, F. (1992): Bienen, Wespen und Verwandte nach Farbfotos erkannt. Sauers Naturführer. - Nottuln, Fauna-Verlag. 115 S.

WITT, R. (2009): Wespen. 2. neubearbeitete und erweiterte Auflage. Vademecum Verlag. 400 S.

WOYDAK, H. (2006): Hymenoptera Aculeata Westfalica. Die Faltenwespen von Nordrhein-Westfalen (Hymenoptera, Vespoidea; Vespidae und Eumenidae) (Soziale Papier- und Lehmwespen). Abhandlungen aus dem Westfälischen Museum für NAturkunde. 68. Jahrgang, Heft 1, 133 S. pdf


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Weitere Informationen zu Wespen (Vespidae) im Internet

www.aktion-wespenschutz.de: Steckbrief: Schornsteinwespe

www.naturgartenfreude.de: Artenprofil Schornsteinwespe

www.naturbildarchiv-guenter.de: Fotos


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